Eine Promenade an der Wupper? Darüber würden sich wohl viele Menschen freuen. Wir auch. Vielleicht gibt es ja einen Weg, diesen Wunsch von Ideengeber Nick Völker wahr werden zu lassen.
Mit einem Aperol Spritz in der Hand aufs Wasser blicken, chillige Beats in den Ohren, Sonnenbrille auf der Nase – für wen klingt das nicht traumhaft? Die Rheinpromenade in Düsseldorf ist für viele Menschen aus dem Bergischen zurecht ein beliebtes Ausflugsziel. Auch Nick Völker, 20 Jahre alt und Student, fährt bei gutem Wetter gern an den Rhein. Dabei haben wir doch selbst einen Fluss. Nick findet: Wir sollten 2040 unbedingt eine Wupperpromenade haben! Wir haben recherchiert, ob Nicks Wunsch eher ein Hirngespinst ist, oder vielleicht tatsächlich Potenzial zur Umsetzung hat.
Als Dajana Meier von Nicks Wunsch hört, lacht sie. Allerdings klingt es nicht wie ein „Auslachen“, sondern eher wie eine Mischung aus Freude über den Wunsch und ein bisschen Augenzwinkern, weil der Rhein und die Wupper sich in ihrem Wesen doch recht merklich unterscheiden. „Sie hat ja einen anderen Charme“, sagt sie, aber dennoch: „Den Wunsch kann ich sehr gut nachvollziehen und teile den auch.“ Seit 2014 engagiert sich Dajana Meier gemeinsam mit ihren Mitstreitern des Vereins Neue Ufer für die Wupper. Dass es bis heute keine echte Wupperpromenade zum Flanieren gibt, ärgert sie manchmal. „Ich wünschte mir natürlich oft, alles würde schneller gehen“, sagt sie. „Das tut denke ich jeder, der für ein Thema brennt.“
Geschafft hat der Verein dennoch viel: Er hat die Wupper zurück in die Stadt geholt – und vor allem in die Köpfe der Menschen. Das war keine leichte Aufgabe. Denn als Dajana Meier nach Wuppertal zog, machte sie eine erstaunliche Entdeckung: „Ich war von Anfang an begeistert von der Wupper, stellte aber fest, dass die Wuppertaler selbst den Fluss gar nicht wahrnahmen“, berichtet Meier. „Selbst Bänke für Spaziergänger standen mit dem Rücken zum Fluss. Das konnte ich überhaupt nicht begreifen.“
Ich wünsche mir die Rheinpromenade – aber an der Wupper!
Nick Völker
Der schwarze Fluss
Was absurd klingt, hat eine klare Ursache: Jahrzehntelang war die Wupper ein Abwasserkanal, voll von den giftigen Chemikalien der Wuppertaler Bleicher. Und während sie so der Stadt zu Aufschwung und Reichtum verhalf und schließlich auch zu ihrem Namen, geriet die Wupper selbst ins Abseits: ein eingepferchter Kanal, dem schon wegen seines Geruchs lieber niemand zu nah kam. Hätte Nick damals seine Idee einer Wupperpromenade geäußert, hätte man ihn wohl bestenfalls für verrückt erklärt. Denn als Naherholungsgebiet kam der „schwarze Fluss“ nun wirklich nicht infrage.
Weil das auch schon vor fast 100 Jahren niemand mehr richtig schön fand, wurde 1930 der Wupperverband gegründet und erhielt die Aufgabe, sich um die Abwasserproblematik zu kümmern. Der Bau großer Kläranlagen sowie auch entsprechende Maßnahmen bei den anliegenden Firmen, die ihre Abwässer einleiteten, zeigten nach und nach Wirkung. Im Laufe der Jahrzehnte verlor die Wupper ihre schwarze Farbe. Doch sauberes Wasser allein macht aus einem Kanal noch keinen lebenswerten Fluss. In den 90er Jahren begann der Verband daher zusätzlich mit der naturnahen Gewässerentwicklung. In aufwendigen Renaturierungsmaßnahmen gibt der Wupperverband dem Flussbett wieder Struktur. Große Steine bringen strömungsberuhigte Zonen, Schutzufer bieten Tieren Möglichkeit zum Verweilen und Brüten. Allerdings noch immer nicht zum Flanieren und Aperol Spritz trinken.
Doch jetzt, da der Fluss langsam wieder schön wird, beginnen auch die Menschen, sich wieder dafür zu interessieren. Und auch, große Ideen zu entwickeln. Landschaftsarchitekt Michael Gehrke hat jahrelang die Freiflächenplanung der Stadt Wuppertal geleitet und erinnert sich sogar an einen ziemlich konkreten Plan: „Es gab mal ein Konzept, von der Höhne bis zur Adlerbrücke die B7 zu verlegen beziehungsweise unterirdisch zu gestalten, sodass dort eine sehr breite Wupperpromenade entstehen kann.“ Umgesetzt wurden diese Pläne aber nie. Inzwischen ist Gehrke mit im Projektteam für die Wuppertaler Bundesgartenschau (BUGA) 2031. Könnte man dafür nicht die alten Pläne wieder aus der Schublade holen? Gehrke lächelt, winkt aber ab. „Das wäre natürlich toll. Aber so ein Mammutprojekt wäre ja größer als der Döppersberg.“
Er und sein Team konzentrieren sich auf etwas kleinere Projekte, die aber nicht weniger schön werden sollen. Wichtig ist für ihn vor allen Dingen der Wupperbereich am Zoo Stadion. Dort werden die meisten der Millionen erwarteten Besucherinnen und Besucher der Bundesgartenschau mindestens einmal vorbeifahren, wahrscheinlich aber sogar aussteigen, um einen der BUGA-Kernbereiche zu erreichen. „Da wäre es natürlich wunderbar, wenn im Rahmen der BUGA Plus auch die Wupper in diesem Bereich ansprechend gestaltet wird.“
Sponsoren gesucht
Zufällig hat auch der Verein Neue Ufer genau in diesem Bereich Ambitionen: „Wir würden dort gern Lina ansiedeln“, erklärt Dajana Maier. Lina ist ein Nilpferd aus Stein. „Wir haben bereits drei solcher Störsteine aufgestellt: den Elefanten Tuffi, Biber Bonny und Lucky Lachs. Nun fehlt uns noch ein Stein im Westen der Stadt und da würden wir gern ein Nilpferd namens Lina platzieren, benannt nach der Nilpferddame, die jahrelang im Zoo Wuppertal lebte.“ Mit etwas Hilfe könnte Lina die BUGA-Besucher aus der Wupper begrüßen. Kostenpunkt für die tonnenschwere Wasserstatue sind 30.000 Euro. „Dafür suchen wir noch Sponsoren und freuen uns über jeden, der das Vorhaben unterstützen möchte“, sagt Meier.
Doch auch ein Störstein ist noch keine Promenade. „Eine ganze Promenade ist aufgrund der baulichen Gegebenheiten und auch der Grundstückseigentumsverhältnissen entlang der Wupper schwierig“, erklärt Dajana Meier. Den Fluss für Menschen zugänglich und erlebbar zu machen, bleibt aber dennoch das große Ziel des Vereins Neue Ufer. Im Rahmen der Regionale 2006 wurden einige Zugänge geschaffen und der Verein sucht gemeinsam mit der Stadt und dem Wupperverband immer nach neuen Möglichkeiten: Treppen am Islandufer und an der Junior Uni, das Wupperufer an der Rosenau oder der Wupperweg am Robert-Daum-Platz sind Beispiele für erste Wupperzugänge und Aufenthaltsflächen.
Die Resonanz ist riesig. „Überall da, wo die Möglichkeit besteht, ans Ufer zu kommen, ist es im Sommer voll“, sagt Dajana Meier. „Vor allem an der Rosenau. Da sieht es im Sommer aus wie in einem Freibad.“ Zugegeben: Eine Rheinpromenade ist die Rosenau nicht. Und unter der Müngstener Brücke werden auch absehbar keine Ausflugsdampfer anlegen. Dafür aber Kanus, auf denen man den Fluss in seiner schönen Natürlichkeit erleben kann. Aperol Spritz gibt es am Islandufer, ein kühles Radler am Strandcafé in der Kohlfuhrt und Flanieren und Verweilen kann man auf dem Wupperweg am Arrenberg. Ja, die Wupper ist nicht der Rhein. Und genau wie die Stadt, der sie ihren Namen gibt, protzt sie nicht so mit ihrer Schönheit wie der große Nachbar. Doch wer sich auf den Weg macht, sie zu entdecken, wird verwundert feststellen, wie viele wunderschöne Facetten sie hat.
Also Nick: Ab ans Ufer oder auf den Wupperradweg und den Fluss erleben! Und für eine „echte“ große Wupperpromenade braucht es vielleicht nur noch ein paar Leute mehr, die dafür kämpfen. Der Verein Neue Ufer hat schon Bänke umgedreht und Barrieren in Köpfen eingerissen. Der Wupperverband hat aus einem schwarzen Fluss ein Habitat mit riesiger Artenvielfalt gemacht. Und ganz ehrlich: Wo könnte man eher eine ganze Schnellstraße verlegen als in einer Stadt, die eine Straßenbahn aufgehängt hat? Los geht’s! Holen wir uns den Fluss zurück! Denn 2040 ist, was wir draus machen!
Zukunftswünsche
In der Rubrik „Reality Check“ gehen wir den Zukunftswünschen der Menschen aus dem Bergischen Land nach: Wir schauen, ob sie umsetzbar sind, was dafür geschehen muss und welche Menschen sich bereits heute damit beschäftigen, diesen Wunsch Realität werden zu lassen. Haben Sie auch einen bestimmten Wunsch für Ihr Bergisches Land 2040? Dann schreiben Sie uns gerne an: zukunft@2040magazin.de
Text: Sophie Blasberg
Foto: Süleyman Kayaalp