Das Projekt „Build the Earth“ verfolgt das Ziel, die ganze Welt in Minecraft nachzubauen. Der 17-jährige Ben alias HeisseFrost hat sich dem angeschlossen. Rund 700 Stunden seiner Freizeit hat er in den Bau von Wuppertaler Gebäuden und Straßen investiert. Warum macht er das?
Wenn Ben durch seine Heimatstadt schlendert und sein Werk begutachtet, dann kann es sein, dass er entscheidet, doch noch einmal nachzubessern. Das sei nicht ungewöhnlich, sagt der 17-Jährige, der aktuell eine Ausbildung als Heizungsbauer absolviert. „Das Barmer Rathaus sieht heute nicht mehr so aus wie am Anfang“, so Ben. Seinen vollständigen Namen möchte er aus nicht näher ausgeführten Gründen lieber nicht in der Öffentlichkeit erwähnt wissen. Dasselbe gilt für sein Gesicht, weshalb wir uns für unser Gespräch via Videokonferenz getroffen haben. Die eigene Webcam bleibt jedoch ausgeschaltet. In der digitalen Öffentlichkeit kennt man den jungen Mann unter dem Pseudonym HeisseFrost. Wohl bekannt ist auch sein Avatar, den er dann und wann in seine Bauwerke oder zuletzt auf der digitalen Werbetafel am Döppersberg platziert.
HeisseFrost ist – so kann man das ruhig sagen – Stadtplaner und Bauherr in einer Person. Sein Projekt: Wuppertal. Sein Vorteil: Er kann alles selbst entscheiden und arbeitet bequem im Homeoffice. HeisseFrost ist ein sogenannter Builder in der digitalen Welt von Minecraft und verantwortet im Projekt BTE Germany das Wuppertaler Stadtgebiet. BTE ist ein Kürzel für „Build the Earth“, was die Größenordnung der Online-Gemeinschaft verdeutlicht. Das Ziel der BTE-Community ist eine möglichst maßstabsgetreue Nachbildung des ganzen Globus in den unendlichen verpixelten Weiten der Minecraft-Welt. Eine echte Mammutaufgabe. Grundlage für den korrekten geografischen Aufbau sind Informationen aus Google Earth und Google Maps. „Man kann sich da alles ziemlich genau in 3D anschauen und direkt die Koordinaten rauskopieren“, erklärt der fleißige Builder.
„Insgesamt habe ich bestimmt rund 700 Stunden in das gesamte Stadtgebiet investiert.“
Ben
Aufnahmeprüfung
Aufmerksam geworden ist er auf das Projekt im Corona-Jahr 2020 über den TikTok-Kanal der Community, dort hat er gesehen, wie die Stadt New York nachgebaut wird. Die Idee hat ihn fasziniert. Ab dem 4. August hat er dann selbst die digitale Spitzhacke geschwungen und sich am „Aufbau“ von Manhattan beteiligt. Alles abgespeichert in der hauseigenen Statistik des Minecraft-Servers. Zuvor musste er allerdings seine Fertigkeiten unter Beweis stellen, denn es ist nicht jedem gestattet, sich auf dem BTE-Server auszutoben. Gäste hingegen können sich jederzeit in den bebauten Gebieten umsehen – ein Minecraft-Account vorausgesetzt.
Als erstes „Heimatprojekt“ hat sich der gebürtige Wuppertaler damals das Barmer Rathaus ausgesucht, das er später immer wieder und mit neuen Bautechniken aus der Community optimiert hat. Im Jahr 2021 hatte er dabei einen regelmäßigen Mitstreiter, der aber irgendwann wieder abgesprungen ist. „Wir haben mal an einem Tag einen ganzen Straßenblock zusammen fertig gebaut“, erinnert sich Ben und es klingt ein bisschen so, als ob er etwas wehmütig an diese Zeit zurückdenkt. Heute baut er zumeist alleine die Gebäude seiner Stadt. Dann und wann gebe es zwar User, die ihn unterstützen, die meisten aber nur für kurze Zeit. „Ich freue mich aber immer, wenn sich jemand meldet“, sagt Ben.
Backup
Darüber hinaus gibt es einen regen Austausch über die Online-Kommunikationsplattform Discord mit anderen Mitstreitern, die jeweils fleißig an ihren eigenen Projekten arbeiten. Rückblickend hat Ben nach eigener Aussage 85 bis 90 Prozent der Bauten im Raum Wuppertal in Eigenregie fertiggestellt. Dazu gehören zum Beispiel die Schwebebahn, das Sparkassengebäude, das Islandufer, das Glanzstoff-Hochhaus, die Laurentiuskirche, das Elberfelder Rathaus, die Müngstener Brücke, der Hauptbahnhof Döppersberg inklusive Bahnhofsdirektion, der Primark-Kubus und die Schwebebahnstation. Auf den Bereich Döppersberg ist Ben besonders stolz. „Insgesamt habe ich bestimmt rund 700 Stunden in das gesamte Stadtgebiet investiert“, sagt er.
Für seine Arbeit im virtuellen Raum stehen ihm neben der obligatorischen Pixel-Spitzhacke auch weitere hilfreiche Tools zur Verfügung, die den Bauprozess erheblich beschleunigen können. „Mit dem WorldEdit-Tool kann man ganze Stockwerke kopieren, das spart natürlich viel Zeit.“ Wenn man sich die trotz riesiger Pixel detailreichen Gebäude anschaut, kann man erahnen, wie viel Know-how und vor allem Geduld für die Erbauung nötig ist. Für den Fall der Fälle, dass sich jemand unbefugt an den Bauwerken des Wuppertalers zu schaffen macht, gibt es halbstündige Backups auf den Servern des BTE Germany.
Rekordhalter
Sein zuletzt fertiggestelltes Bauwerk ist das Wilhelm-Dörpfeld-Gymnasium in Elberfeld. Die Nordstadt will er sich als nächstes vornehmen. Für den Bau der Historischen Stadthalle habe sich kürzlich jemand gemeldet. Ben hat sich vorgenommen, den Weg dorthin und den Bereich drumherum dafür vorzubereiten. Es soll ja alles gut zueinander passen. Warum macht er sich die ganze Arbeit? Warum steckt er hunderte von Stunden in dieses Projekt? „Das ist just for fun“, sagt Ben. „Es macht einfach Spaß, Sachen zu bauen und man ist glücklich, wenn man ein Gebäude fertig hat.“ Als HeisseFrost hat er deutschlandweit die größte Anzahl an Gebäuden auf einem zusammenhängenden Gebiet gebaut, ein Erfolg, der natürlich von der Community wertgeschätzt wird. Auch das ist sicherlich ein Antrieb, der HeisseFrost und seine vielen Builder-Kolleginnen und -Kollegen motiviert. Vielleicht könnte ja auch die BUGA 2031 eine spannende Herausforderung für den fleißigen Baumeister sein.
Text: Marc Freudenhammer
Illustration: Süleyman Kayaalp