„Ich will.“

Empowerment-Coacj Helke Wieners in ihrem Büro

In ihrer Praxis für Self-Empowerment begleitet und unterstützt Helke Wieners Menschen auf ihrem Weg in ein selbstbestimmtes Leben. Ein Interview über Mut, Zweifel und den inneren Dialog.

Frau Wieners, welche Eigenschaften brauchen wir, um uns verändern?
Zuallererst muss der Wille da sein. Dann brauchen wir Mut für den ersten Schritt raus aus der Komfortzone – und Ausdauer. Wichtig ist auch, sich bewusst zu sein, dass der Weg schwierig sein kann, dass Rückschläge möglich sind.

Wie kann man Mut entwickeln?
Mut lässt sich trainieren. Indem man Dinge ausprobiert, reflektiert, sich einzelne Schritte vornimmt und kleinste Erfolge feiert. Je realistischer die Ziele, desto höher die Erfolgschance. Wichtig sind auch Selbstvertrauen und die Fähigkeit, im Scheitern etwas Positives zu sehen. Bei einem versemmelten Vorstellungsgespräch etwa wäre das die Tatsache, dass man sich beworben und ein neues Unternehmen kennengelernt hat. Oder dass man sich dargestellt und ein Job-Interview trainiert hat.

Woher kommt der Wunsch nach Veränderung?
Oft ist der Haupttreiber das Gefühl, nicht gut genug zu sein. Mangelnder Selbstwert kann zu Selbstzweifel und -sabotage führen. Auch Überlastung ist ein Thema: wenn Menschen immer wieder über ihre eigenen Grenzen gehen. Daraus entsteht irgendwann Leidensdruck. Und dann auch der Wunsch nach Veränderung.

„Du bist toll, schau mal, was du schon alles geleistet hast, was alles gut funktioniert.“

Helke Wieners

Gibt es Hürden in diesem Initialprozess?
Ja, wenn den inneren Dialog der Glaubenssatz prägt: „Das schaffe ich sowieso nicht.“ Manche meiner Kundinnen und Kunden trauen sich zunächst nicht zu, sich zu verändern, obwohl sie es möchten. Ich arbeite dann unter anderem mit Achtsamkeits- und Entspannungsübungen und verschiedenen Reflexionsfragen. Dabei werden unter anderem nega­tive Gedanken überprüft und neue, positive Sichtweisen formuliert.

Beispielhaft: Wie läuft das ab?
Es gilt, den Glaubenssatz „Ich bin nicht gut genug“ zu hinterfragen: Stimmt das? Welche Beweise gäbe es dafür, welche dagegen? Hätten andere denselben Gedanken? Und: Wie würde man damit umgehen, wenn es wirklich stimmte? Welchen hilfreichen Gedanken könnte man stattdessen denken? Indem man überlegt, was man einem guten Freund raten würde, der so über sich denkt, kommt man meist zu anderen Überlegungen wie: „Du bist toll, schau mal, was du schon alles geleistet hast, was alles gut funktioniert.“ Das begünstigt einen Perspektivwechsel. Das ist natürlich ein Prozess und klappt nicht von heute auf morgen.

Wie erfüllen wir uns unsere Wünsche?
Die Inhalte und Vorgehensweisen sind stark vom Individuum abhängig. Sind Visionen oder Träume vorhanden, aber Wege dorthin unklar, helfen Fragen wie: „Was würdest du tun, wenn du keine Angst oder Selbstzweifel hättest?“ Bei verschiedenen Optionen, ans Ziel zu gelangen, empfehle ich, Pro und Contra abzuwägen – und dabei unbedingt die eigenen Gefühle, Werte und Motive einzubeziehen. Hilfreich bei der Umsetzung kann die Vorstellung sein, wie es wäre, sich schon am Ziel zu befinden: Wie verhält man sich dann, welche Fähigkeiten besitzt man, mit welchen Menschen umgibt man sich, welche Glaubenssätze hat man, wie fühlt man sich? Diese konkrete Visualisierung ist meist mit sehr positiven Gefühlen behaftet und wirkt lange nach.

Wann ist der richtige Zeitpunkt für Veränderung?
Wenn die eigene Motivation da ist. Es sollte heißen: „Ich will mich verändern.“ Nicht: „Ich muss.“ Massiver Druck erschwert nur den Prozess. Kommen bei der tieferen Auseinandersetzung mit dem Thema Ängste und Blockaden auf, gilt es, diese anzuschauen. Sollte der Entschluss
da sein, den Prozess abzubrechen, ist die- oder derjenige vielleicht noch nicht so weit. Und das ist dann gut und richtig so.

Ihr Tipp für Veränderungswillige?
Alles aufschreiben: Wünsche und Ziele, Strategien, Handlungsoptionen, Meilensteine. Zwischendurch immer wieder reflektieren, nachjustieren, Entscheidungen treffen. Zur Selbstwertstärkung hilft zudem, Stärken, Fähigkeiten, Kompetenzen, Werte und Erfolge zu notieren, sich diese regelmäßig anzuschauen und zu ergänzen.

Interviewerin: Tonia Sorrentino
Foto: Süleyman Kayaalp


Hinweis der Redaktion: Im Interview bezieht sich die Protagonistin auf Menschen, die nicht an einer psychischen Erkrankung leiden, denn diese erfordern in Teilen ein anderes Vorgehen.


Neueste Beiträge: