Wie arbeiten wir 2040?

Robin Leuering, festangestellter Entwicklungsingenieur, und Dana Barrenberg, freiberufliche Übersetzerin, über die Vor- und Nachteile der verschiedenen Arbeitsmodelle – und darüber, wie sie in Zukunft vielleicht sogar näher zusammenrücken.

Robin, ich frage direkt geradeheraus: Warum bist du fest angestellt?
Primär wegen des ganz offensicht­lichen Grundes: der sozialen Absicherung. Ich bekomme ein festes Gehalt und muss mir um die Versicherung keine Gedanken machen. Das gibt mir Sicherheit, ein gutes Gefühl und tatsächlich auch eine gewisse Freiheit.

Dana, ist das Thema soziale Absicherung für dich als Freiberuflerin ein Thema?
Ja klar, immer wieder. Genau deshalb wollte ich auch ursprünglich gar nicht selbstständig sein. In meinem Studium als Mediendesignerin habe ich viel mit Designern und Filmleuten zu tun gehabt und da gibt es ja sehr viele Selbstständige. Für mich war das aber eigentlich nie eine Option, weil ich genau vor dieser Unsicherheit auch großen Respekt hatte. Dann hat es sich aber doch so ergeben und jetzt bin ich auch sehr glücklich damit.

Wie hast du den Sprung ins kalte Wasser gewagt?
Eigentlich bin ich nicht gesprungen, sondern habe mich nach und nach vorgetastet. Eine Freundin hatte mir das Übersetzen als Nebenjob empfohlen. Anfänglich dachte ich, dass der Markt bestimmt völlig überlaufen ist und dass es mir schwerfallen wird, mich dort zu positionieren. Dann habe ich es aus­probiert und über die Zeit immer mehr Kunden generiert und gemerkt, dass ich mir da offensichtlich doch eine Nische erschließen kann. Als ich dann mit dem Studium fertig war, hieß es: alles oder nichts. Da habe ich mir gedacht, wenn ich es jetzt nicht wenig­stens probiere, mache ich es wahrscheinlich nie. Also habe ich meine Festanstellung beim Kino aufgegeben und mich hauptberuflich selbstständig gemacht. Dafür hatte ich mir durch die nebenberufliche Tätigkeit vorher auch Rücklagen gebildet, was meine Angst natürlich etwas gemindert hat.

Eine mutige Entscheidung. Robin, stand für dich eine Selbstständigkeit mal im Raum?
Ja und nein. Ich habe nach meinem Master in Elektrotechnik erst an der Universität gearbeitet. Letztes Jahr bin ich dann in die private Wirtschaft gewechselt. Nebenbei bin ich schon seit einigen Jahren auch noch freiberuflich tätig. Das ist als Ingenieur auch sehr einfach, da es zum Beispiel keine Innung gibt oder Ähnliches, der man beitreten muss. Ich zahle auch als Freiberufler keine Gewerbesteuer. Als hauptberufliche Tätigkeit kam das für mich aber bisher nie infrage, ich bin sehr zufrieden mit dieser Konstellation.

Als ich mit dem Studium fertig war, hieß es: alles oder nichts.

Dana Barrenberg

Ausschließlich wegen des Aspekts der sozialen Absicherung oder gibt es für dich noch andere Argumente für die Festanstellung?
Ich schätze tatsächlich den Austausch mit meinen fachlich versierten Kollegen sehr. In meiner nebenberuflichen Tätigkeit löse ich die Probleme allein und muss mir gegebenenfalls entsprechendes Know-how aneignen. In meinem Hauptjob habe ich ein Team, auf dessen Kompetenzen ich zurückgreifen kann, das finde ich sehr bereichernd. Allerdings macht es mir mein Arbeitgeber auch sehr leicht: Ich kann 100 % remote arbeiten, fahre entsprechend vielleicht alle zwei Wochen nach Köln ins Büro. Ansonsten arbeite ich hier im Coworking Space und spare mir den Pendlerstress. Auch meine Arbeitszeit kann ich mir größtenteils flexibel einteilen.

Das klingt, als hättest du eigentlich alle Vorteile eines Selbstständigen, nur ohne den finanziellen Druck. Ist das so?
Fast. Für mich gibt es in der Festanstellung einen entscheidenden Nachteil: Ich kann mir die Projekte und auch die Kunden nicht aussuchen. Das ist manchmal nervig.

Dana: Das ist für mich tatsächlich ein sehr großer Mehrwert meiner Freiberuflichkeit. Ich arbeite viel mit unabhängigen Autoren zusammen, zu denen ich ein sehr vertrauensvolles Verhältnis habe. Diese Beziehungen bereichern mich sehr und sind sicher ein großes Plus in meinem Arbeitsmodell. Gleichzeitig kann ich den Punkt von Robin mit der Teamarbeit gut nachvollziehen. Tatsächlich arbeite ich als Übersetzerin ja meist allein und das kann auch mal einsam werden. Daher habe ich tatsächlich noch einen Minijob. Gar nicht aus finanziellen Motiven, sondern einfach, um mit Menschen in Kontakt zu kommen und meinem Kopf auch mal andere Aufgaben zu stellen.

Interessant, dass ihr beide in beiden Modellen arbeitet! Meint ihr, das ist ein Modell mit Zukunft?
Robin: Kann ich mir gut vorstellen. Mir gibt mein Hauptjob eine gute Basis und zugleich große Flexibilität, mich nebenbei in meiner Selbstständigkeit zu verwirklichen. Dadurch habe ich in meinem Hauptjob nicht den Druck, dass er mich zu hundert Prozent erfüllen oder ich dort die steilste Karriere hinlegen muss, was mich sehr entspannt. Die „Extrameile“ hole ich mir dann über Nebenprojekte, die ich mir selbst aussuchen kann. Ist für mich perfekt, setzt aber natürlich auch entsprechende Flexibilität des Arbeitgebers voraus.

Dana: Ja, bei solchen Rahmenbedingungen würde ich mir das mit der Festanstellung auch nochmal überlegen. Scherz beiseite: Für mich ist die Selbstständigkeit jetzt genau das richtige Modell und passt auch zu meinem Leben. Sollte sich das irgendwann ändern, werde ich mich und auch mein Arbeitsmodell vielleicht anpassen. Ich finde es wichtig, da flexibel zu bleiben und ich glaube, je einfacher auch der Wechsel zwischen den Modellen gestaltet wird, desto mehr Menschen können diesen Schritt in die eine oder andere Richtung gehen, um für sich einfach auszuprobieren, was zu ihnen passt. Wir arbeiten ja lang genug, da würde mehr Abwechslung glaube ich vielen Menschen guttun.

Ein schönes Schlusswort! Ich danke euch für das Gespräch und wünsche euch für euren weiteren beruflichen Weg alles Gute.

Interviewerin: Sophie Blasberg
Foto: Süleyman Kayaalp

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